Nebelsucher by Biesenbach Christian

Nebelsucher by Biesenbach Christian

Autor:Biesenbach, Christian [Biesenbach, Christian]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: amazon, Thriller, anAndyL, anMehmet
ISBN: 9781521457108
Amazon: 1521457107
veröffentlicht: 2017-06-06T22:00:00+00:00


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Der Morgen graute im wahrsten Sinne des Wortes. Als das undurchdringliche Schwarz von der Welt abließ, wurde es durch die kaum besseren Nebelschwaden abgelöst, die das Sonnenlicht nur leidlich hindurchließen.

»Vergiss nicht«, murmelte Robert, als er sich erhob. Die Nacht hatte er ohne Schaden überstanden, niemand hatte ihn gefunden. Die Geister der Toten hatten ihre Rache nicht bekommen. Doch es war etwas anderes geschehen. Er hatte vergessen. Hatte vergessen, weshalb er das Haus am Vortag überhaupt verlassen hatte. Hatte vergessen, dass er von heftigem Hunger geplagt worden war, ehe er aus dem Supermarkt geflüchtet war.

Letzteres fiel ihm jetzt schmerzhaft wieder ein. Doch das andere erschloss sich ihm nicht mehr. Es war verschwunden in einem Sumpf aus Gedanken, Erinnerungen und dergleichen, die sich zu einem undurchschaubaren bräunlich-grünen Teich vermischt hatten, in dem zu fischen keinen Sinn machte. Das bestürzte ihn zunächst, denn ein Gefühl sagte ihm, dass er sehr wohl wusste, weshalb er sich aus dem Haus und in den Nebel gewagt hatte, nur konnte er dieses Wissen einfach nicht mehr finden. Am Ende begnügte er sich damit, dass er weiterhin einen klaren Blick dafür hatte, weshalb er in einem Hauseingang hatte nächtigen müssen. Er verließ sein unfreiwilliges Nachtlager und setzte seine Suche in den immer gleich aussehenden Straßen, die auf ihren Schildern nach wie vor keine Namen mehr trugen, fort.

Es dauerte Stunden und oftmals beschlich ihn an bestimmten Stellen der Verdacht, dass er schon einmal dort vorbeigekommen war. Was er wiederholt mit einem heftigen Fluchen quittierte.

Die Sonne hinter der Nebelwand stand schon wieder tief, als er durch einen puren Zufall endlich den Kiosk wiederfand. Ihm lag ein „Gott sei Dank!“ auf den Lippen, aber da er unwillkürlich an den Verwalter mit seinen spitzen Zähnen und den blutigen Augen denken musste, blieb ihm der Ausspruch im Halse stecken. So wichtig war das freilich nicht, denn es änderte nichts an der Tatsache, dass er endlich wieder einen Orientierungspunkt gefunden hatte. Und darüber hinaus einen, in dem er Verpflegung finden konnte.

Er stürzte in den kleinen Laden und nahm sich das erstbeste Getränk und den nächsten essbaren Gegenstand, den seine Finger zu fassen bekamen. Binnen Sekunden hatte er die Verpackung aufgerissen, kippte und stopfte sich beides zugleich in den Mund. Zum Kauen kam er nicht. Mit großen Schlucken verschwand alles in seinem gierenden und hungernden Schlund. Selbst die Tatsache, dass weder Limo noch Kuchen annährend auch so schmeckten, hielt ihn nicht davon ab, alles hinunterzuschlingen. Da sein Hungergefühl damit nicht gestillt war, griff er sich einen der Sandwichsnacks aus der Kühlauslage und danach einen weiteren. Es folgte ein zuckersüß aussehendes Plunderteilchen, das nicht einmal die Erinnerung an Zucker in sich barg und zwischen seinen Zähnen zu einer zäh kaubaren Masse wurde, die er mithilfe einer zweiten Flasche Limonade hinunterspülte.

Erst einige Minuten später war sein Magen zumindest zufrieden damit, dass er gefüllt worden war. Der Rest seines Körpers fühlte sich elend und von Übelkeit gebeutelt, weil er genauso gut einen Eimer Dreck hätte essen können. Den aufkommenden Brechreiz zügelte er mit der wiederholten Beschwichtigung, dass er bald wieder Sachen essen würde, die für dies hier entschädigen würden.



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